Urteil Bauträgerrecht

Eigentumsumschreibung trotz zurückbehaltener Restkaufpreiszahlung! Bauträger darf die Bewilligung zur Eintragung nicht von der Zahlung des zurückbehaltenen Restkaufpreises abhängig machen

OLG Hamburg, Urteil vom 17.04.2015 – 9 U 35/14

Sachverhalt

Häufig verweigern Bauträger den Erwerbern die Eigentumsumschreibung bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung. So auch in diesem Fall:

Der Erwerber rügt Mängel, verweigert gegenüber dem Bauträger die Restkaufpreiszahlung und verlangt die Eintragung ins Grundbuch. Der Bauträger klagt auf Restkaufpreiszahlung und beruft sich in Bezug auf die verlangte Grundbucheintragung auf sein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB. Der Erwerber verlangt widerklagend unter anderem die Bewilligung zur Eigentumsumschreibung und argumentiert, dass dem Bauträger aufgrund der Geringfügigkeit des noch zu zahlenden Restkaufpreises kein Zurückbehaltungsrecht zustehe.

Entscheidung des OLG Hamburg

Dem folgte in der 1. Instanz das LG Hamburg. Es erhob Beweis über die behaupteten Mängel. Das einzuholende Sachverständigengutachten bestätigte die Mängel zum überwiegenden Teil. Der Erwerber hatte zu Recht von seinem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Restkaufpreiszahlung Gebrauch gemacht.

Das OLG Hamburg bestätigt dies erstinstanzliche Urteil und entscheidet unter anderem, dass der Notar anzuweisen ist, die Eigentumsumschreibung zu beantragen. Der Bauträger könne sich nicht auf das Zurückbehaltungsrecht berufen, dies verstoße aufgrund verhältnismäßiger Geringfügigkeit nach § 320 Abs. 2 BGB gegen Treu und Glauben. Der Bauträger habe es selbst in der Hand, durch eine mangelfreie Leistung die Voraussetzungen zur Auszahlung des Restkaufpreises zu schaffen. Der Restkaufpreis in Höhe von 10 % des Kaufpreises mache einen verhältnismäßig geringfügigen Anteil am Gesamtkaufpreis aus, weshalb das Interesse des Erwerbers überwiege. Letzteres auch deswegen, da seit der Übergabe des Sondereigentums mittlerweile acht Jahre vergangen sind.

Praxistipp

In nahezu allen Bauträgerverträgen steht die Bewilligung zur Eintragung unter Vollzugsperre. Bauträger nutzen dies oft als Druckmittel, um trotz gerügter Mängel die vollständige Kaufpreiszahlung zu erlangen. Das OLG Hamburg hat dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben, indem es im Falle von berechtigten Mängelrügen und einem ausstehenden Kaufpreis von bis zu 10 % des Gesamtkaufpreises dem Bauträger versagt, sich auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB zu berufen.

Dieses Urteil ist zu begrüßen. Das OLG betont jedoch auch, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handle. Im konkreten Fall war auch der lange Zeitraum von 8 Jahren entscheidungserheblich.

In einem ähnlich gelagerten Fall sah das OLG München (Urteil vom19.04.2007 – 5 O 8732/06) einen Betrag von lediglich 2-3 % des Gesamtkaufpreises als verhältnismäßig geringfügig an. Eine einzelfallbezogene Prüfung ist deshalb betroffenen Erwerbern dringend anzuraten.


Johannes Scholz
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht